Liebe
Regenbogen-Woelfin,
du hast dir im Rahmen von
Prinzessin-Zeldas
Adventskalender einen Kommentar auf eine deiner Fanfiction gewünscht. In persönlicher Rücksprache mit mir fiel deine Wahl auf diese Geschichte. Und nachdem ich sie gelesen habe, glaube ich zu verstehen, warum du so entschieden hast.
Die Geschichte behandelt zum einen ein sehr schwieriges, tiefgründiges Thema und ist entsprechend sehr gefühlbetont. Zusätzlich hast du sie im nicht sehr einfachen Tagebuchstil aus der Perspektive des Ich-Erzählers geschrieben. Das macht es zugegeben auch für mich ein wenig kompliziert, ein möglichst konstruktives Feedback zu geben, da es einige Dinge für mich zu beachten gibt. Aber ich gebe mir versprochen größte Mühe, deiner wunderbaren Arbeit gerecht zu werden. :)
Ich habe die Geschichte in einem Rutsch gelesen und mir zu jedem Kapitel detailliert Notizen gemacht. Letztendlich habe ich jedoch entschieden, mein Feedback auf zwei Kommentare aufzuteilen. Das macht es mir leichter, auf gewisse Dinge einzugehen und dir meinen Eindruck ausführlich näher zu bringen.
Legen wir los!
Inhaltlich: Das erste Kapitel behandelt die Vorgeschichte der jungen Rosalina.
Was mir sehr gut gefällt, ist die kindgerechte Sprache. Du arbeitest mit kurzen, einfachen Sätzen. Es kommt deutlich heraus, dass wir ein kleines Mädchen begleiten, das aus ihrem Alltag mit ihrer Familie erzählt. Ihre Emotionen werden sehr gut herausgearbeitet. Ungenau bleibt, welches Alter das Mädchen hat und in welcher Art Umfeld sie lebt. Die Wortwahl wirkt teilweise gehoben, doch was sie schildert, wirkt nicht wie etwas aus dem Leben einer Prinzessin. Ich gehe hier davon aus, das hast du bewusst so gestaltet, da es laut meiner Recherchen (jaha, ich habe geforscht! ;D) nicht viele Detailinformationen zu Rosalina und ihrer Vergangenheit gibt.
Auch sehr schön ist der geschilderte und deutlich spürbare Zeitverlauf zwischen den einzelnen Einträgen. Details wie kurze Wetterberichte, das Erwähnen von Vögeln und Blumen, und auch die reflektierten Hobbyaktivitäten wie schwimmen gehen oder Drachen steigen lassen, ziehen den Leser in den Zeitstrom hinein. Alles passt wunderbar zum jeweiligen Datum der Einträge.
Wenn man wie ich mit dem Fandom und vorgestellten Charakter wenig vertraut ist, stellt sich vorrangig die Frage, was mit der Mutter geschehen ist. Hat sie die Familie verlassen, oder ist sie verstorben?
Für jene, die in das Fandom involviert sind, stellt sich diese Frage wohl eher nicht. Aus deren Perspektive bildet das erste Kapitel mehr eine Einleitung, eine Art Rückblick mit vielen netten Details, die den Canon bildhaft bereichern. Ich persönlich mag so etwas sehr.
Stilistisch: Bei der Tagebuchform im Ich-Erzähler handelt es sich um einen Stil, den man schwierig technisch beurteilen kann. Da aus der individuellen Sicht der Figur geschildert wird, ist zu berücksichtigen, dass jene Figur ihre eigene Sprache verwendet. Sie hat ihre eigenen Ansichten, ihre eigenen Prioritäten, ihre eigene Denkart. Schon die Frage, welche Zeitform für den Bericht angemessen wäre, gestaltet sich in einem Tagebuchstil schwierig.
Mir ist dennoch aufgefallen, dass an einigen Tagen die Zeitform nicht stimmt, bzw. sehr unwahrscheinlich ist. Schildert man eine gerade bestehende Situation (z. B. regnet es seit Tagen, auch heute wieder), schreibt man in der Regel im Präsens (Gegenwart). Schildert man hingegen ein stattgefundenes Ereignis, verfällt man automatisch ins Präteritum oder Perfekt (passive/aktive Vergangenheit), selten ins Plusquamperfekt (aktive Nachvergangenheit, z. B. "er hatte es mir gesagt"). Stellt man eine Frage an die Zukunft, bleibt es zumeist beim Präsens (z. B. "Ich frage mich, was morgen passiert.")
Was mir außerdem aufgefallen ist, dass gelegentlich Wörter fehlen. Im zweiten Kapitel erschien es mir häufiger als im ersten. Das hinterlässt ein wenig den Eindruck auf mich, als hättest du es eilig mit dem Schreiben (und Veröffentlichen) gehabt. Gönn dir ruhig einen Tag mehr für eine gründliche Nachkontrolle, denn ich bin mir sicher, diesen Kritikpunkt kannst du vermeiden. ;)
Manchmal war ich mir nicht sicher, ob die gewählte Sprache wirklich angemessen ist, z. B. bei "Ich hoffte, dass
meine Mutter …" und "
Freudig teilte ich …" Es kommt vermutlich darauf an, wie du Rosalina darstellen wolltest.
Mehr lässt sich schon nicht mehr zum Stilistischen sagen.
Ich finde, du hast dir mit dieser Erzählform eine immense Herausforderung gestellt! Und wer weiß, was alles dazugehört, um diese Erzählform zu meistern, wird mir sicherlich zustimmen, dass du insgesamt einen guten Job gemacht hast.
Die Kapitel lesen sich alle sehr angenehm. Was du vermitteln wolltest, kommt beim Leser an. Und jeder Satz geht unter die Haut.
Ich persönlich habe mir wirklich viel Zeit genommen, um jedes Wort auf mich wirken zu lassen. Das hat mir während des Lesens wirklich sehr viel Vergnügen bereitet.
Weiteres erläutere ich im nächsten Kommentar. :)
Alles Liebe
Shizana
freiberufl. Autorin & Korrektorin,
Twitter